Hintergründe zum Flughafen Tempelhof (I): Volksentscheid und direkte Demokratie

Veröffentlicht am 08.04.2008 in Berlin

In der Reihe "Hintergründe zum Flughafen Tempelhof" bieten wir aus Anlass des bevorstehenden Volksentscheids am 27. April 2008 Hintergrundwissen und Fakten zu allen relevanten Fragen rund um das Ende des Flugbetriebs.

I. Volksentscheid und direkte Demokratie

Seit 1995 gibt es in Berlin die sogenannte Volksgesetzgebung. Im Zuge einer großen Verfassungsreform wurden damals Volksbegehren und -entscheide eingeführt. Defizite der direkten Demokratie im Vergleich zu anderen Bundesländern wurden dadurch aufgeholt. Allerdings waren die nach diesen Vorschriften initiierten Volksbegehren erfolgslos. Denn die Hürden waren viel zu hoch: nach den alten Vorschriften mussten 25.000 Unterschriften geleistet werden, um ein Volksbegehren überhaupt starten zu können. Das Volksbegehren selbst kam erst zustande, wenn 10 % der Wahlberechtigten (243.000) im Sammlungszeitraum von 2 Monaten zustimmen. Der Volksentscheidnach dieser Regelung war erfolgreich, wenn mindestens 50 % der Wahlberechtigten sich beteiligten und die Zahl der Zustimmenden mindestens ein Drittel aller Wahlberechtigten (800.000 ) entspracht.

Mit Gesetz vom 18. Mai 2006 wurde das Verfahren deutlich erleichtert. Für den Antrag auf ein Volksbegehren sind jetzt nur noch 20.000 Unterschriften notwendig. Für das Zustandekommen des Volksbegehrens reicht es aus, wenn 7% der Wahlberechtigten (170.000) innerhalb von 4 Monaten zustimmen. Der Volksentscheid hat Erfolg, wenn die Mehrheit zustimmt und diese Stimmenzahl gleichzeitig mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten ( 608.514 ) entspricht. Mit den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 17. September 2006 hat die Berliner Bevölkerung dieser Verfassungsänderung zugestimmt.

Um es deutlich zu sagen: nach altem Recht wären ICAT, CDU und Konsorten kläglich gescheitert, vermutlich schon an der ersten Hürde. Jedenfalls wären 243.000 Unterschriften in zwei Monaten nicht einzuholen gewesen.

Der Senat ist an das Votum des Volksentscheides nicht gebunden. Er kann entscheiden, wie er mit dem Votum umgeht. Insofern unterscheidet sich der Volksentscheid nicht von Beschlüssen des Abgeordnetenhauses, die der Senat ebenfalls nicht umsetzen muss, wenn sie nur appellativen Charakter haben. Etwas anderes gilt selbstverständlich bei Gesetzen. Diese können übrigens ebenfalls im Wege des Volksentscheides verabschiedet werden. Die ICAT hat hier aber mit gutem Grund von einer solchen Vorlage abgesehen, denn die Gesetzgebungskompetenz im Luftverkehrsrecht liegt ausschließlich beim Bund.

Mit der öffentlichen Debatte über den Flughafen Tempelhof hat die CDU ihr Herz für die direkte Demokratie entdeckt. Dieser Sinneswandel erstaunt umso mehr, als die CDU der letzten Verfassungsänderung sehr skeptisch gegenüber stand, die das Verfahren von Volksbegehren und Volksentscheid sehr erleichtert hat. Die CDU bedient sich also politischer Instrumente, die sie eigentlich ablehnt.

 

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