Wie neutral ist das Netz der Zukunft?

Veröffentlicht am 28.06.2015 in Europa

Veröffentlich in der Berliner Stimme vom 27. Juni 2015, von Lars Rauchfuß

Wie neutral ist das Netz der Zukunft?
Intervention für die Vielfalt des Internets

Das Internet ist als Schlüssel-Infrastruktur für soziale und ökonomische Teilhabe nicht mehr wegzudenken. Und seine Bedeutung wird durch die rasante Vernetzung weiterer Lebensbereiche zunehmen, vom „smart home“ über das „smart car“ bis zum „smart TV“.

Die Art und Weise, wie wir diese Infrastruktur als Verbreitungsweg von Presse, Rundfunk, Film, Literatur und Musik gestalten, hat entscheidenden Einfluss auf die Vielfalt von Meinungen und Kultur. Und sie bestimmt, ob das Internet als entscheidender Wirtschaftsfaktor ein Ort von Innovation und Gründung ist oder ein Ort der Konzentration kapitalstarker Player.

An der Netzneutralität entscheidet sich, welchen Regeln und welcher ökonomischen Logik das Internet untergeordnet wird. Vereinfacht gesagt meint Netzneutralität die gleichberechtigte Durchleitung aller Inhalte und Datenpakete durch die Telekom-Anbieter, die die Netzinfrastruktur betreiben und ihren Kunden den Zugang gewähren. Dahinter stecken zwei wesentliche Prinzipen: Das erste, das „best effort“-Prinzip, verpflichtet die Telekom-Anbieter, im Rahmen der Netzkapazitäten sämtliche Daten schnellstmöglich zu transportieren. Das zweite, das Ende-zu-Ende-Prinzip, stellt sicher, dass wir als Verbraucher direkt mit den Inhalte-Anbietern ins Geschäft kommen, die netzbetreibenden Telekom-Anbieter diesen Kontakt neutral vermitteln.

Ein Beispiel: Will ich einen Blockbuster im Internet anschauen, kann ich dies bei Inhalte-Anbietern wie Netflix, Amazon, Maxdome und vielen kleineren Firmen gegen Bezahlung tun. Meinen Telekom-Anbieter (Deutsche Telekom, Kabel Deutschland, Vodafone, 1&1, etc.) bezahle ich für meinen Internetanschluss. Dies ist in der Regel eine Flatrate, die mich zu einem Pauschalpreis mit allen Angeboten im Netz verbindet.

Gegen diese Struktur begehren die Telekom-Anbieter im Verbund mit der Europäischen Kommission nun auf. Sie wollen ein größeres Stück vom Kuchen und nicht mehr nur an meiner Flatrate verdienen, während die Inhalte-Anbieter immer mehr Geschäftsmöglichkeiten erschließen. Dazu wählen sie zwei Strategien, die gegen die Grundprinzipien der Netzneutralität verstoßen: Erstens wollen sie mit den Inhalte-Anbietern vereinbaren, deren Angebot gegen Aufpreis als Spezialdienste bevorzugt an den Verbraucher zu vermitteln. Vodafone und Kabel Deutschland haben bereits angekündigt, sie würden Netflix gegen Bezahlung bevorzugt behandeln. Kleinere, kreative, nichtkommerzielle Anbieter hätten das Nachsehen.

Die zweite Strategie betrifft direkt mein Nutzungsverhalten durch ein „Drosseln mit Ausnahmen“, wie es im mobilen Internet auf dem Smartphone oder beim Dienst T-Entertain schon erprobt ist. Mit meiner Flatrate bietet man mir ein begrenztes Datenvolumen an - wenn ich zehn Filme im Monat gesehen habe, lädt der elfte langsamer oder gar nicht mehr. Die Telekom-Anbieter streben nun an, die Dienste einzelner Inhalte-Anbieter gegen Entgelt von ihrer Volumenbegrenzung auszunehmen. Kurz: Die allgemeine Internetnutzung wird auf mein Datenvolumen angerechnet, die Angebote von Premium-Partnern werden es nicht. Dies kann meine Wahl, was ich schaue, direkt beeinflussen.

Angriff auf die Vielfalt des Netzes

Diese Geschäftsmodelle sind ein Angriff auf die Vielfalt des Internets und brechen mit dem Grundsatz einer universellen, für alle gleichberechtigt nutzbaren Netzinfrastruktur. SPD und Grüne blockierten im Europäischen Parlament in den letzten Jahren die ersten Versuche, Anfang 2014 stemmte sich der Ausschuss der Regionen auf Initiative unseres Medienpolitikers Frank Zimmermann gegen den entsprechenden Vorschlag der Kommission für einen „digitalen Binnenmarkt“. Dieser Kommissionsvorschlag ist nun hart umkämpft zurück im Europäischen Parlament, am 10. Juli im Bundesrat und als aktuelle Anhörung auch im Bundestag.

Es ist an der Zeit, dass wir dieser Frage unsere Aufmerksamkeit widmen - auch diejenigen unter uns, die wie ich keine Netzpolitiker sind, aber Wert legen auf ein freies, vielfältiges und gerechtes Internet.

 

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